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14.06.2016

Umsetzung der Seveso III-Richtlinie

Umsetzung der Seveso III-Richtlinie
www.istockphoto.com; gilas
Das Bundeskabinett hat Ende April 2016 die Entwürfe zur Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen in nationales Recht beschlossen. Der vorherige Referentenentwurf wurde in einigen Punkten wesentlich überarbeitet. Das nun beginnende parlamentarische Verfahren soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Wie das ursprüngliche Paket [Anm. Risolva: in unserem Beitrag vom 26.6.2015] enthält auch das am 27. April 2016 von der Bundesregierung beschlossene Regelungspaket einen Gesetzes- und einen Verordnungsentwurf, mit denen jeweils mehrere bestehende Gesetze bzw. Verordnungen geändert werden sollen.

Der Entwurf des Artikelgesetzes enthält insbesondere neue Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei Genehmigungsverfahren für sog. Störfallbetriebe und Vorgaben zum Gerichtszugang. Dafür soll es Änderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) sowie des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) geben.

Der vom Kabinett beschlossene Verordnungsentwurf sieht Änderungen der Störfall-Verordnung (12. BImSchV) und kleinere Änderungen der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV) vor. Davon betroffen sind Regelungen in Bezug auf die Einstufung gefährlicher Stoffe, betriebliche Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit und die behördliche Überwachung von Störfallbetrieben.

Umstritten waren bislang vor allem Regelungen zum sog. »Abstandsgebot«, die Fragen zum Bestandsschutz für Anlagen aufwarfen und vielfach für Unklarheiten sorgten. Dies hatte auch der DIHK in seiner Stellungnahme vom 19. Juni 2015 kritisiert. Auf die hierfür vorgesehenen Änderungen des § 50 BImSchG wurde nun komplett verzichtet. Stattdessen soll in § 48 BImSchG eine Ermächtigungsgrundlage für eine neu zu schaffende Verwaltungsvorschrift (TA Abstand) aufgenommen werden, die künftig bundeseinheitliche Maßstäbe für das Abstandsgebot vorgeben soll.

In § 3 der Störfall-Verordnung wurde klargestellt, dass die Wahrung angemessener Sicherheitsabstände zwischen Betriebsbereich und benachbarten Schutzobjekten keine Betreiberpflicht (im Sinne des Immissionsschutzrechtes) darstellt. Vielmehr soll das Abstandsgebot im Zusammenspiel mit anderen öffentlichen Interessen Teil der Abwägungsentscheidung der Bauplanungsbehörden sein.

Eine ausdrückliche Bestandsschutzregelung ist allerdings im Entwurf nach wie vor nicht enthalten. Die störfallrelevante Errichtung oder Änderung einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf nach dem neuen § 23b BImSchG grundsätzlich einer störfallrechtlichen Genehmigung, wenn der »angemessene« Sicherheitsabstand unterschritten wird. Neu im Kabinettsentwurf ist jedoch, dass keine Genehmigung notwendig ist, »soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.«

Die Kritik des DIHK und Anderer an der Einführung des Anzeigeverfahrens nach § 23a BImSchG für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen und damit einhergehender Öffentlichkeitsbeteiligungen (über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus) bleibt in den neuen Entwürfen weitgehend unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Einführung einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für bestimmte störfallrelevante Anlagen oder geforderte – und nach EU-Recht vorgesehene – Ausnahmemöglichkeiten für bestimmte Betriebsbereiche bei der Erstellung eines Sicherheitskonzeptes nach § 8 der Störfall-Verordnung.

Das rückwirkende Inkrafttreten der Änderungsverordnung zum 1. Juni 2015 ist hingegen nicht mehr vorgesehen.

Die Seveso-III-Richtlinie hätte eigentlich bereits zu diesem Datum in deutsches Recht umgesetzt gewesen sein müssen. Daher hat die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Mit einem Abschluss des parlamentarischen Verfahrens bis Ende 2016 hofft die Bundesregierung nun einer offiziellen Klageerhebung vor dem Europäischen Gerichtshof zu entgehen. Quelle: DIHK

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