Freigabe von (Gefahr-) Stoffen - Wer und Was?
Heute geht es um die Fragen »Wer sollte beteiligt werden?« und »Welcher Input ist notwendig?«
Es gibt nur zwei Parteien, die Sie für die Freigabe zwingend brauchen:
- den Anforderer, also denjenigen, der einen (Gefahr-) Stoff neu oder unter geänderten Bedingungen einsetzen will.
- den Einkauf, bzw. die Person, die den (Gefahr-) Stoff neu bzw. für andere Einsatzbedingungen kaufen soll.
Der Anforderer liefert den Input zur Stofffreigabe, und zwar
- Angaben über zukünftige Anwendungsabsichten: warum, wofür, wie oft, wie viel, wie lange?
- Ein aktuelles Sicherheitsdatenblatt vom vorgesehenen Lieferanten.
- Idealerweise Sicherheitsdatenblätter zum selben Stoff von anderen Lieferanten
- Idealerweise bereits (Stoff-) Alternativen - falls vorhanden und möglich
Die Person im Einkauf stellt sicher, dass sie nur einen freigegebenen Stoff beschafft.
Mit diesem personellen Minimalprogramm werden Sie jedoch in der Regel nicht auskommen, sondern Sie binden sinnvollerweise weitere Personen ein, die mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen den Freigabeprozess kompetent begleiten. Ziel ist, dass Sie die für die Freigabe relevanten Aspekte hinsichtlich Rechtskonformität und Risiko beleuchten.
Parteien/Personen, die Sie einbinden sollten, sind zum Beispiel:
- Die Sicherheitsfachkraft: Sie beurteilt (rechtliche) Arbeitsschutzaspekte einschließlich möglicher persönlicher Schutzausrüstung bei der Verwendung.
- »Gefahrstoffbeauftragter« (die Person, die in Ihrem Unternehmen, besondere Kompetenz hinsichtlich Gefahrstoffe hat). Im Einzelfall kann das durch die Sicherheitsfachkraft abgedeckt sein: Sie gleicht den neuen Stoff mit dem Gefahrstoffverzeichnis ab, um festzustellen, ob ähnliche Stoffe bereits verwendet werden und recherchiert gegebenenfalls weniger kritische Stoffe auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung nach EMKG.
- Der Umwelt-»Beauftragte«: Er beurteilt (rechtliche) umweltrelevante Aspekte, wie Gewässerschutz und/oder Entsorgungsfragen im Nachgang zur Verwendung des Stoffes.
- Der Betriebsarzt: Er beurteilt (medizinische) Arbeitsschutz- und Gesundheitsschutzaspekte, einschließlich möglicher arbeitsmedizinischer Vorsorge. Ob der Betriebsarzt erforderlich ist oder nicht, hängt im Wesentlichen von der Menge und der Gefährlichkeit des Stoffes ab. Aus meiner Praxis kenne ich es so, dass in der Regel die Sicherheitsfachkraft den Betriebsarzt zu Rate zieht, wenn sie das für geboten hält.
- Der Gefahrgutbeauftragte oder in Gefahrgutrecht geschultes Personal: Diese Personen beurteilen (rechtliche) Transportaspekte wie zum Beispiel Entladung oder Rücktransport von Fehlchargen.
Sinnvoll können je nach Anwendungsfall auch sein:
- Jemanden von der Lagerlogistik. Derjenige beurteilt die vorhandenen Lagerkapazitäten und -bedingungen.
- Gegebenenfalls der Vorgesetzte des Anforderers, zumindest jemand, der die geplanten Einsatzbedingungen des Stoffes entscheiden kann.
Wer von den beteiligten Personen den Freigabeprozess koordiniert und letztendlich die Freigabe erteilt, entscheiden Sie. Das kann im Einzelfall auch der Anforderer selbst sein, wenn er den Sachverhalt ausreichend beleuchtet bzw. dies durch die Einbindung von kompetenten Stellen/Personen im Unternehmen sichergestellt (und dokumentiert) hat.
Denn am Ende des Freigabeprozesses steht keine Einzelentscheidung oder gar eine demokratische Abstimmung der Beteiligten im Sinne von JA oder NEIN, sondern ein Konsens der so aussehen könnte:- »JA, unter folgenden Bedingungen…« oder
- »NEIN, nicht diesen Stoff, sondern JA folgender Stoff...« oder
- »NEIN, kein neuer Stoff, sondern bestehendes Material, weil...«