Teil 1: Ein Stoff – eine Gefährdungsbeurteilung
Das ist im ersten Moment sogar einleuchtend:
Sagt nicht die GefStoffV, dass das Sicherheitsdatenblatt als Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung heranzuziehen ist. Und es gibt ja schließlich auch nur ein Sicherheitsdatenblatt für einen Gefahrstoff.
Dennoch zielt das ziemlich an der Praxis vorbei. Ein Beispiel:
Die Firma Safe Production GmbH bezieht Super-Stoff. Super-Stoff wird in 5-Liter Kanistern geliefert. Super-Stoff ist als reizend eingestuft. Im Sicherheitsdatenblatt ist angegeben, dass als persönliche Schutzausrüstung Handschuhe und Schutzbrille zu verwenden sind.
Volker Viel ist bei der Arbeitsvorbereitung beschäftigt. Seine Aufgabe ist es unter anderem, Super-Stoff aus den 5-Liter-Kanistern in kleine Pumpflaschen zu füllen. Werner Wenig ist sein Kollege, der Super-Stoff etwa 10mal am Tag aus der Pumpflasche auf eine Walze sprüht.
Volker Viel und Werner Wenig gehen beide mit Super-Stoff um. Dennoch liegt es auf der Hand, dass die Gefährdung von Volker Viel gegenüber der von Werner Wenig anders ist.
Andere Randbedingungen erfordern unterschiedliche Gefährdungsbeurteilungen, die gegebenenfalls unterschiedliche Schutzmaßnahmen zur Folge haben. Das weiß Boris Boss, der Chef von Volker Viel und Werner Wenig.
Er ermittelt in der Gefährdungsbeurteilung, dass Volker Viel bei seiner Tätigkeit tatsächlich die im Sicherheitsdatenblatt angegebenen Schutzhandschuhe tragen muss und ebenso eine Schutzbrille. Für Werner Wenig und seinen Kollegen ergibt die Gefährdungsbeurteilung jedoch, dass weder Schutzbrille noch Handschuhe erforderlich sind. Besondere Maßnahmen für das Einatmen von Super-Stoff sind ebenfalls nicht notwendig, da der Bereich, in dem Super-Stoff eingesetzt wird, gut durchlüftet ist. Quelle: GefStoffV, TRGS 555
Boris Boss verwendet für die Gefährdungsbeurteilung sicherlich das »Einfache Maßnahmenkonzept Gefahrstoffe EMKG« der BAuA:
Quelle: Schulungsvortrag BAuA
Weitere Informationen zur Gefährdungsbeurteilung von Gefahrstoffen mit dem EMKG-Modul, finden Sie bei der StoffMATRIX.
Danke an RA Nils Tumat, Oberstaatsanwalt a.D., dem ich die Idee der Namensgebung für die handelnden Personen verdanke.
Weitere Beiträge:
Teil 2: Das gilt nur für den Produktionsbetrieb
Teil 3: Das gilt nur für Rohstoffe
Teil 4: Das gilt nur für zugekaufte Stoffe
Teil 5: Das gilt nur bei offenem Umgang mit Stoffen
Teil 6: Das gilt nur bei offenem Umgang mit Stoffen
Teil 7: Das gilt nur bei Gefährdungen für die Gesundheit